Wanzebergwanderung 2005
Es ist Samstag, der 2. Juli 2005. Genau 20 Wanderfreunde sind unserer diesjährigen Einladung zum bereits traditionellen Wanzebergwandertag gefolgt. Treffpunkt war zunächst um 9 Uhr das Amtscafé in Malliß, anschließend sammelten wir uns vor dem ehemaligen Anglerheim am Kreuzkanal (Ziegeleikanal). Die freundliche Begrüßung und Einstimmung zur Wanderung hat wie immer unser ehemaliger „Schaulmeister“ und Heimatchronist Jochen Bötefür in seiner exzellenten Weise übernommen.
Er und der Botaniker Heinz Schlusny (liebevoll auch „Botanicus mallissiensis“ genannt) – die beide wie immer sich perfekt ergänzten – übernahmen die geschichtlich und botanisch sehr interessante Wanderführung. Beide wurden tatkräftig unterstützt vom Oberforstrat Reginald Ring und seinen Kollegen vom Forstamt Conow aus Kaliß.
Bei bedeckten hochnebelartigen Himmel gingen wir zunächst auf die Straßenbrücke über den Ziegeleikanal, wo Jochen Bötefür erste Informationen zum Kanalbau, Ziegelei- und Bergbauaktivitäten, der alten Sägemühle an dem linken Kanalabschnitt nahe der Elde und unterhalb der Schleuse Malliß sowie vom alten Dampfsägewerk am Bahnhof Malliß gab. Schon hier war die Faszination den Wanderfreunden anzumerken und dies versprach wie immer eine spannende Wanderung.
Weiter in Richtung Kamerun gehend, gingen wir nach ca. 150 m links den Trampelpfad direkt neben dem Ziegeleikanal entlang durch den Wald. Nach einigen Metern machten wir einen kurzen Stop und Herr Schlusny zeigte uns auf Wunsch wie schon einmal bei einer Wanderführung, wie man aus dem Fruchtkörper und einer noch fast geschlossenen Blüte des Klatschmohns ein Püppchen basteln kann – es war wieder sehr amüsant. Im Wald am Wegesrand und am Kanal erfuhren wir nun vieles über die heimische Flora.
An der Bahntrassenquerung über den Ziegeleikanal angekommen, wanderten wir hinauf auf den Bahndamm und gingen parallel zur Bahnstrecke in Richtung Haltepunkt Malk-Göhren. Auch hier bekamen wir viele Informationen zu den Pflanzengesellschaften, die sich entlang der Bahnstrecke entwickelt hatten. Ebenso zeigte uns Herr Bötefür, das der Schotter des Bahndammes aus sächsischem Lavagestein stammt, in dem man auch seltene Mineralien und sogar Halbedelsteine finden kann. Scherzhafterweise sagte unser Oberforstrat: ‚Nunja, das ist typisch deutsch, die bauen eben aus Halbedelsteinen Bahndämme’. Allmählich riss der Himmel auf und die Sonne setzte sich mit ihrer kraft durch und es wurde wärmer.
Nach ca. 1 km auf dem Bahndamm bogen wir nordwärts in den Wald ab, in Richtung Sandgrube der Ziegelei. Auch hier haben Herr Schlusny und Herr Bötefür uns mannigfache Informationen zur Flora in diesem Teil des Landschaftsschutzgebiets Wanzeberg gegeben. Unterstützt wurden sie hierbei von den Forstleuten, die spezielle Informationen zu diesen Wald gaben. Hier gab es interessante Lichtungen mit seltenen und geschützten Planzen, aber auch seltsam gewachsene Eichen (Knüppeleichen), die durch den Holzausschnitt für die Befeuerung der Häuser immer neue Seitentriebe gebildet hatten.
Auf dem Verbindungsweg von der Ziegelei zur Sandgrube angekommen, gingen wir ins Betriebsgelände der Ziegelei (die Genehmigung hierfür hatte Herr Bötefür vorab von der Betriebsleitung erhalten) und durchwanderten dieses. Durch Renaturierung der alten Tonabbaustätten ist an einem schilfumwachsenden See ein einzigartiger Biotop mit kristallklarem Wasser entstanden. Der Trasse zum Tonabbaugebiet folgend, wanderten wir innerhalb der Tongrube zur aktuellen Tonabbaustelle. Vorbei an interessanten geologischen Aufschlüssen erläuterte Jochen Bötefür die Einmaligkeit eines für diese Wanderung „frisch geöffnetes geologisches Fenster“ und erzählte von dem Hobby-Geologen Herrn Herbert Moths, der hier in der Mallißer Tongrube an unzähligen Exkursionen im Rupelton bisher acht unbekannte und damit neue Molluskenarten (millimetergroße Schneckenarten) aus dem Ton geschlämmt hat. Hierüber hat Herr Moths in Zusammenarbeit mit dem FLW e.V. im Jahre 2000 eine wissenschaftliche, vielbeachtete Abhandlung über die Tongrube mit ihren Fossilien auf über einhundert Seiten mit eigenen 215 Zeichnungen auf 22 Tafeln, herausgegeben. Die neuen Arten hat Herr Moths wie folgt benannt:
- Solariella mallissiensis - nach dem Ort Malliß
- Solariella eldeana - nach dem Fluss Elde
- Boreosiphopsis wienerbergeri - nach dem Grubenbetreiber Wienerberger Ziegelindustrie
- Boreosiphopsis mecklenburgensis - nach dem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern
- Mitrolurnna rupeliensis - nach der Rupeltonstufe
- Bentharca wanzebergensis - nach dem Wanzeberg
- Alvania ellenorae - nach Frau Moths
- Obtusella boetefueri - nach Herrn Bötefür
Am aktuellen Tonabbau zeigte uns Herr Bötefür die an der Tonwand deutlich erkennbaren eiszeitlichen Verschiebungen der Erd- und Tonschichten. Die Tongrube verlassend gingen wir nun querfeldein in Richtung Alaunsberg und wanderten durch den oberen Schulwald, durch die Abraumhalden des Alaunton-Abbaugebiet zur Bahnhofstraße. Am Rande der Straße im Alaunsberggebiet machten wir noch einen kurzen Halt und betrachteten den hier wachsenden Rippenfarn und den nur hier in ganz Mecklenburg vorkommenden Berglappenfarn. Beide Farne sind streng geschützt.
Die alte Bahnhofstraße am Kanal entlanggehend in Richtung Bahnhof Malliß gingen wir zurück zum Ausgangspunkt zum Kreuzkanal. Nach ca. 8-9 Km Gesamtstrecke war die Wanderung nach 3 ½ Stunden beendet. Es war wieder eine sehr interessante, geologisch und geschichtlich wie botanisch informative Wanderung. Wir bedankten uns alle recht herzlich bei unseren Wanderführen und deren Unterstützern und versprachen uns gegenseitig, im nächsten Jahr wieder dabei zu sein.
Johannes Adler